29. Juni 2008

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Was haben wir gehofft, gebangt, gefiebert, gezittert, geschrien und gesungen. Farbe bekannt, Fahnen geschwungen und die Türken (neu) lieb gewonnen. Das waren schöne 23 Tage. Die Italiener entzaubert, die Franzosen in der Gruppe als Letzter hängen geblieben, starke Portugieser, die Holländer ... hätte ich gern neben Deutschland im Finale gesehen. Starke Russen und unerschrockene Lastminute Bälle von den Türken. Den Stromausfall im Halbfinalspiel und den Radiokommentar von Béla Réthy werden wir in Erinnerung behalten. Weisse Hemden lassen einen Mann sexi aussehen. Zumindest solche, wie Jogi Löw sie trägt. Der, der für 1,5 Spiele vom Schiedsrichter im Spiel gegen Österreich auf die Tribüne geschickt wurde.
Aber am Ende, Finale nach 90 Minuten ... España vence 1:0 a Alemania con gol de Torres en la final y conquista Europa. ... und aus ist das Spiel. Nach 44 Jahren haben die Spanier sich den Pokal wieder geholt. Und im Finale standen sie, weil sie Italien mit 4:2 nach Elfmeter raus gekickt haben.
Detlev Buck wird jetzt den ersten YouTube-Kinofilm Deutschlands produzieren. Wir warten drauf. Danke Deutschland. Gracias Alemania! Viva España.

25. Juni 2008

deutsch-türkisches Märchen

Es war einmal 5 Tage nach dem Sommeranfang des Jahres 2008. Ein sollte ein großer warmer Sommer werden. Es waren 30 Grad und schreckliche Gewitter waren voraus gesagt. Da trafen sich bei Basel 11 Kobolde in weißen Hemden und 11 Kobolde in roten Hemden, auf einer großen grünen Wiese, auf der noch nie eine Kuh geweidet hatte. Sie schworen sich, mit Hilfe eines schwarz-weißen Balls durch ein Spiel ihre Völker zu verzaubern. Es sollte dazu ein großes Fieber ausgelöst werden, welches 90 Minuten anhalten sollte.
Nach dem Spiel gab es dann ein riesengroßes Fest von Berlin bis Istanbul, mit viel Jubel, Trubel und gehupe, bei der sich die Völker der weißen und roten Kobolde vor Freude über die erfolgreiche Überwindung des 90 minütigen andauernden Fiebers und die wunderbare Verzauberung, mit Tränen in den Augen in die Arme vielen und sich nicht mehr los lassen wollten. Voll Freude über einen so schönes Spiel, dass die Fans der weißen Kobolde aus der Ferne beim public viewing so noch niemals gesehen hatten. Das Fest wollte fast nicht enden und alle schworen sich ewige Freundschaft.

Märchen sind die Darstellung einer Geschichte, die es nicht gibt. Naja, es war alles noch viel schlimmer. Es begann mit einem 0:1 für die Türken und endete mit 3 : 2, nach dem es in der neunzigsten Minute ein letztes Tor gab, das dritte für Deutschland. Später wird alles als Bergtour in die Fußballgeschichte eingehen. Ein Land, ein Team, ein Ziel. Finale! So ging die Geschichte wirklich.

17. Juni 2008

Heidelberg und die Japaner

Viele ausländische Touristen fahren nach Heidelberg. Jährlich sollen es 3,5 Millionen sein, davon kommen 1 Millionen aus asiatischen Ländern. Aber warum ist das so, und warum prägt sich für alle Zukunft in ihren Köpfen der Eindruck ein und erzählen zu Hause: „So ist Deutschland und so sind die Deutschen“. Das könnte ein guter Grund meiner Reise nach Heidelberg sein, dies heraus zu finden, ist aber nicht mein Ziel. Komme aber auch nicht drum herum, nach Antworten zu suchen. Die Reise war letztes Wochenende. Und was ist in meinem Kopf als Eindruck davon hängen geblieben?

Ja, es sind unendlich viele ausländische Touristen in der Stadt und rund herum unterwegs. Die Japaner sind für die Heidelberger eine Verallgemeinerung für alle Touristen aus Japan, China und Südkorea, weil sie sie nicht auseinander halten können. Ich kann es auch nicht. Insider wissen, dass sich Südkoreaner sehr modisch kleiden, im Vergleich zu den Chinesen aus der Volksrepublik.
Die Japaner fotografieren wirklich alles. Deutsche beim Bier trinken, Deutsche beim Wurst essen, Deutsche beim Geranien gießen und Deutsche beim feiern oder arbeiten. Und wie sie Obst auf dem Marktplatz kaufen. Und die Kirche von hinten. Wahrscheinlich steht in ihren Reiseführern, alles in Heidelberg ist typisch deutsches Leben und Tradition. Es ist ihnen jedenfalls anzusehen, das es ihnen gefällt und sie freuen sich darüber. Deshalb wohl auch das besonderes gesteigerte Interesse, was sie offensichtlich dabei entwickeln, wenn ich es mit Japanern in Berlin vergleiche. Hier fotografieren sie nicht so intensiv wie dort.

In der Altstadt von Heidelberg gibt es die Hauptstraße, die eine Fußgängerzone ist und mit 1,6 Kilometern die längste in Deutschland sein soll. Da sind die gleichen Handyshops, Starbucks, C&A, H&M und sonstigen Shopfilialen zu finden, wie in allen anderen Städten auch.
Heidelberg ist die älteste Universitätsstadt. Hier saß der Kurfürst Ruprecht III., der so was wie der Vize des Kaisers war, welcher im übrigen von 6 Kurfürsten gewählt wurde, weshalb die Stadt also etwas Besonderes darstellte. Es gibt eine Schlossburg aus der Zeit der Romantik, die von den Franzosen zerstört wurde und heute nicht mehr aufgebaut wird, weil es eben Geschichte darstellt.

Und das soll dann auch schon das Geheimnis sein, warum so viele Touristen nach Heidelberg kommen. Es ist die Romantik. Oft gemalt der Blick in ein Tal, bei dem die Schlossburg linker Hand steht, in der Mitte der Neckar fließt und hinten der Odenwald zu sehen ist. Und weil es so schön ist, wurde die Stadt von den Alliierten nicht zerstört, denn wegen der Romantik sollte es nach dem Krieg ihr Hauptsitz werden, was es dann auch wurde. Ansonsten gibt es viele alte Häuser, die unter Denkmalschutz stehen und auf Grund der Lage sollen die Immobilien- und Grundstückspreise mit bis zu 10.000 EUR/qm die teuersten in Deutschland sein.

Für mich gibt es in Deutschland schönere Landschaften und Städte. Heidelberg hat sich nicht in mein Herz schleichen können und typisch Deutsch … finde ich es dort auch nicht.

Heidelberg live

Die Stadtführerin war eine Heidelbergerin, eine nette ältere Frau, die mit unserer kleinen Gruppe einen Weg ging, den nicht jeder Tourist zu sehen bekommt. Ansonsten gibt´s auch in Heidelberg viele Zugereiste. Sala der Barkeeper in Ellens Cafe kommt zum Beispiel aus dem Iran und die Kellnerin Rebecca aus Armenien. Beide sind ein nettes Team und schnell stellte sich heraus, das Sala sein Handwerk beherrscht und die Bar eine echte Vielfalt an Rum, Whisky, Tequila und anderem Hochprozentigen beherbergt. Dafür gab es von uns die Einschätzung: „in allen Kategorien besser als manche Hotelbar“.
Als Partymeile lässt sich die Untere Strasse zwischen Heu- und Fischmarkt bezeichnen. Lauter kleine Cafes und Kneipen, dicht an dicht, gibt es dort. Eine Kneipe hat ein Schild mit der Aufschrift über der Tür: „betreutes trinken“ … weitere Erläuterungen sind nicht notwendig.
Allgemein sind Studenten und sonstige Partysüchtige fast jeden Alters unterwegs. Eine besondere Zielgruppe stellen die dar, die Freitags und Samstags in Gruppenstärke von bis zu 40 Leuten durch die Stadt pilgern, um Junggesellen- und Jungfernpartys abzuhalten. Sie kommen alle nicht aus dieser Stadt, heiraten auch nicht dort, und auch niemanden von dort. Sie machen einfach nur Party in Heidelberg, weil´s dort so schön (romantisch) ist.
Es gibt aber auch noch Paare, die sich im Rathaus trauen lassen. Die sahen etwas älter aus und sind wahrscheinlich einfach romantisch (!). Natürlich sind auch die Kegeldamen oder die Herren vom Skatverein anzutreffen. Erst recht auf einer obligatorischen Schiffstour auf dem Neckar.
In dem über 300 Jahre alten Studentenlokal (nicht Kneipe!) „Zum roten Ochsen“ gibt es Essen, welches die Japaner als „typisch Deutsche Küche“ in Erinnerung behalten werden. Schnitzel, Würste, Saumagen, Sauerkraut und Kartoffelpüree, alles mit brauner Soße. Wenn der Klavierspieler in die Tasten haut und deutsche Volkslieder und Weisen spielt, soll so manche japanische Reisegruppe den textsicher in deutsch mitsingen. Hatte ich selbst nicht erleben können, glaube ich aber gerne und finde ich schon beeindruckend. Zumal ich selbst keine Strophe auch nur irgendeines Volksliedes vollständig trällern könnte.

zwölf Hunde

… aus dem Programmheft „Heidelberg aktuell“ für Samstag, 14.

mit der Bahn


Freitag, früh am Morgen, um 07:37 Uhr, ich bin auf dem Weg nach Heidelberg, mit dem ICE erst einmal bis Mannheim. 3 Laptops und 5 Handys in meinem Sitzumfeld, ich bin der einzige in Wagen Nr. 1, der heute nicht mehr arbeiten muß. Nach dem Morgenkaffee klingen die ersten Handys oder es werden Assistenten, Projektmitarbeiter und Sekretärinnen angerufen. „Nein, gib´s dem nicht, das schaffen wir bis Samstag nie!“ … „Hallo Herr Dr. Herrmann, haben Sie einen Beamer?“
Ein Handy hat eine James Bond Film-Musik im Speicher. Nicht schlecht. Aber ist der Job dieses Handy-Besitzers auch so spannend?
Ich lese in der GQ im Editorial von Michael Frei.: „EM … Natürlich will ich sehen … wer unter der Last der Geheimfavoritenrolle maßlos enttäuschen wird (Kroatien).“ – Hat gestern 2:1 gegen Deutschland gewonnen!
"Welches Auto fahren Sie, wenn Sie träumen?" Die Werbung für einen Mercedes. Ich von keinem, eher träume ich von anderen Dingen im Leben.
Die Zugbegleiter lesen ihre englische Ansage vom Blatt ab. Warum kann ihnen keiner erklären, wie „Thank you for travelling with Deutsche Bahn“ richtig betont und ausgesprochen wird?
In Bielefeld steigt der Mann ein, der in diesem Abteil noch fehlte. Der Schwätzer in der Art eines Beamten oder Lehrers mit roten Pullover und Hemd darunter, der gleich seine engsten Sitznachbarn unterhalten wird, in dem er uns in angemessener Lautstärke an allen 4 folgenden Telefongesprächen mit seiner Gattin teilhaben lässt. Aber erst tut er Unverständnis artikulierend, eine Diskussion mit dem Schaffner führen, dass es schon immer mit einer auf A5-Format zurecht geschnitten Fahrkarte aus dem Internet rum fährt und er, der Schaffner, der erste sei, der seine Fahrkarten mit dem Aufdruck „Bitte auf A4 ausdrucken“ in der ersten Zeile monieren würde. Wie langweilig und sinnlos, eine solche Diskussion. Der Schaffner tut mir in diesem Moment leid.
Hildesheim hat einen Kleinstadtbahnhof im Still der 70er Jahre. Warum hält die Bahn hier? Rot geklinkerte 2-geschossige Wohnhäuser mit Jalousien, die tagsüber an allen Fenstern runter gelassen sind, erinnern mich an XY-ungelöst.
Kaum steht der Zug eine Minute auf der Strecke, teilt der Unterhalter seiner Frau per Handy mit, der Zug komme später. Ein 15-minütiges Gespräch über Umsteigebahnhöfe und zeitliche Ankunftsmöglichkeiten folgt und während dessen rollen zwei Mamis auf Skatern, ihren Kinderwagen vor sich her schiebend neben uns auf dem Radweg vorbei. Später wird spontane Entscheidung zum Aus- und Umsteigen und nochmaliges telefonisches avisieren und informieren vereinbart. Wenig später fährt der ICE mit 237 km/h an Schallschutzmauern vorbei. Nicht schlecht.
Göttingen. "Stadt, die Wissenschaft schafft", steht unter jedem Bahnhofsschild angeschrieben. Blick vom Bahnhof auf die örtliche Agentur für Arbeit, Cinemaxx, Medienhaus WDR und ein großes Parkhaus, was den Blick auf weitere Innenstadthäuser versperrt. Nun ja, es braucht einen anderen Grund, sollte ich jemals nach Göttingen fahren.
Eine Oma ist zu früh eingestiegen und sitzt damit im falschen Zug, kann aber in Kassel umsteigen. Die Einfahrt nach Frankfurt Main sieht aus, wie auf einer riesigen Eisenbahnplatte. Der Zug kommt pünktlich an. Gleich werde ich 7 Freunde treffen, für ein schönes Wochenende, einmal im Jahr, in einer x-beliebigen Stadt. In diesem Jahr ist es Heidelberg.

8. Juni 2008

Wasserseite

Herr W und Frau M haben zur Party 60 + 10 (Geburts- und Hochzeitstag) auf eine Schiffstour durch Berlin eingeladen. Alles in allem war es ein unvergleichbar schönes Geschenk für alle eingeladenen Gäste. Berlin vom Wasser aus betrachtet, bringt einen völlig neuen Blick auf die Stadt, die keine Sperrstunde hat.




Berlin bei Nacht ist so schön bunt, wie kein Feuerwerk sein kann. Es verglüht erst, wenn die Sonne auf geht.

1. Juni 2008

EIS*BAR

Auf Kinder haben Eisläden immer eine Anziehungskraft. Das ist heute nicht anders wie damals. Seit einigen Tagen gibt es die EIS*BAR in der Kastanienallee 10. Die ist eine besonders Schöne.
Erinnert sie mich auch ein wenig an meine Kindheit, denn um die Ecke ging ich in den Kindergarten und des öfteren gingen wir hier spazieren. Die beiden Jungs, die die EIS*BAR betreiben, beweisen Still und Geschmack. Angefangen bei den eisblauen Schildern, die links, rechts und über dem Laden hängen, bis hin zu den Margeriten auf dem Tresen und der Musik die hier gespielt wird (In welchem Eisladen wird schon Musik gespielt?). Demnächst gibt es dort das „Original“, die Eiswaffel, die bis jetzt nur die beiden Mädchen auf dem Foto (1958) im Hintergrund in der Hand halten. Heute kennen Kinder nur die "klassische" Waffeltüte. Aber früher, als wir noch Kinder waren, da gab es das Eis zwischen zwei Waffeln. Die Waffeln sind nicht so knusprig hart wie heute, sondern dünner und weicher. Ist einfach ein ganz anderes Eisleck-Erlebnis.
Passend zum Foto aus den 50er Jahren, ist auch die Musik. In diesem Eisladen ist alles abgestimmt und durchdacht. Der Eisverkäufer trägt ein Käppi und ne weiße Eisverkäuferjacke, eben wie früher auch. Das Eis ist aus eigener Produktion und die Schilder dazu handgeschrieben. Italienische Eisläden haben hier zu Lande immer ein bedrucktes Schild mit Piktogramm der Frucht, falls einer nicht wissen sollte, wie eine Mango oder Blaubeere aussieht.
Hier gibt es auch Mokka, stark und schwarz, in verschiedenen Variationen. Oder Eismilchmix, zubereitet mit frischer Alpenmilch und Sahne.
Und im Winter? Wird einfach ein H vor´s EIS geklebt. Was es dann tatsächlich geben wird, haben sie mir noch nicht verraten. Aber ich habe keine Sorge, dass da nicht auch was besonderes zu erwarten sein wird.
Eisladen ist eben nicht Eisladen. Ja und das Eis … schmeckt auch!